reaktion auf den bundeshaushaltsentwurf 2025
bündnis internationaler produktionshäuser sowie dance on ensemble vor dem aus & drastische kürzung der bundeskulturfonds
Der aktuelle Haushaltsentwurf der Bundesregierung für das Jahr 2025 sieht vor, die Bundeskulturfonds – darunter auch der für die Freien Darstellenden Künste wichtige Fonds Darstellende Künste – um rund die Hälfte ihrer Mittel zu kürzen.
Außerdem steht das Bündnis internationaler Produktionshäuser – ein Zusammenschluss von sieben Spiel- und Produktionsstätten der Freien Darstellenden Künste, der unter anderem das für Produzent*innen zentrale Weiterbildungsformat »Akademie für Performing Arts Producer« seit 2018 anbietet – vor dem Aus. Von einer gänzlichen Streichung ist auch das Dance On Ensemble betroffen, das den zeitgenössischen Tanz vor allem in der Frage des Alterns in und mit dieser Profession beleuchtet.
Eigentlich gibt es gute Nachrichten: Wir freuen uns über den Aufwuchs des Bundeskulturetats für den Haushalt 2025. Mit einem genaueren Blick in den Entwurf wird diese Freude schnell enttäuscht. Trotz der Erhöhung des Bundeskulturetats sieht der Haushaltsentwurf die Streichungen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser und des Dance On Ensemble sowie die Kürzung der Bundeskulturfonds um ca. 50% ihrer Mittel (bezogen auf deren Etats in 2024) vor. Das sendet das falsche Zeichen an eine von immer lauter werdenden Anfeindungen von rechts bedrohte Zivilgesellschaft.
In den Freien Künsten im Allgemeinen und in den Freien Darstellenden Künsten im Speziellen haben wir als produktionsbande – ein Netzwerk von Produzent*innen der Freien Darstellenden Künste – gerade in den letzten Jahren eine innovative wie effektive Arbeit an den Strukturen wahrgenommen, z. B. die Erhöhung und Fixierung von Honoraruntergrenzen sowie die Entwicklung von Barrierefreiheits- und Nachhaltigkeitskonzepten, die gerade auch vom Fonds Darstellende Künste, dem Bundesverband Freie Darstellende Künste und dem Dachverband Tanz gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien getragen wurden.
Wenn aber mit diesem Haushaltsentwurf für das kommende Jahr derart substantielle Zusammenschlüsse wie das Bündnis internationaler Produktionshäuser und das Dance On Ensemble vor dem Aus stehen und zugleich die Bundeskulturfonds fast die Hälfte ihrer Mittel verlieren, dann verunmöglicht der Entwurf diese gemeinsam mit der Politik erarbeiteten neuen Standards in der Kunstproduktion ab 2025 schlichtweg. Das ist nicht nur eine irritierende Rückwärtsbewegung, sondern untergräbt die über lange Jahre hinweg zwischen Akteurinnen der Freien Darstellenden Künste, Landes- wie Bundesverbänden und Kulturpolitikerinnen aufgebaute produktive Zusammenarbeit, die nicht zuletzt auch auf einer expliziten Vereinbarung im Koalitionsvertrag von 2021 fußte.
So verliert nicht nur die Arbeit in den Freien Darstellenden Künsten ihre existenzielle Grundlage; die Freien Künste verlieren außerdem mit dem Haushaltsentwurf kulturpolitisch relevante Bündnisse und deren damit einhergehende politische Stimme. Zugleich verliert die Kultur im Gesamten durch den massiven Wegbruch zentraler Förderetats an Perspektiven, Projekten und Kunsterfahrungen, die dringend und weiterhin benötigte gesellschaftliche Austausch- wie Reflexionsräume schaffen würden.
Von den Streichungen und Kürzungen, die im Haushaltsentwurf 2025 vorgesehen sind, sind nicht nur die Zusammenschlüsse und Bundeskulturfonds betroffen, sondern unmittelbar auch Existenzen von Künstler*innen, Techniker*innen, Produzent*innen und vielen weiteren Akteur*innen der Freien Darstellenden Künste, die in ihrer Arbeit und gesellschaftlichen Wirksamkeit unbedingt Zugänge zu Förderungen sowie auch Unterstützung durch bestehende Netzwerke und Strukturen benötigen.
Vor allem aus unserer Schnittstellenperspektive als Produzent*innen in den Freien Darstellenden Künsten ist eine solche Sparpolitik in Kultur und seiner Förderung, die sowohl Strukturen als auch Projektförderungen betrifft, eine desaströse Reaktion auf aktuelle Herausforderungen und bestehende Krisen, die wir uns nicht leisten dürfen. Wenn vor allem die Kultur als Ausdruck unseres geteilten Verständnisses von Gesellschaft in Frage gestellt wird, wie es aktuell von rechts passiert, sind derart massive Einsparungen vor allem an Strukturen und Förderung der Freien Darstellenden Künste bei gleichzeitigem Aufwuchs des Kulturetats eine falsche Entscheidung.
Gerade in unserer komplexen Gegenwart dürfen wir keine einfachen und vor allem sparsamen Zukünfte für die Kultur formulieren; vor allem im Jetzt und der unmittelbaren Zukunft ist im Angesicht von politischen Rückwärtsbewegungen die Stärkung von bestehenden und lange etablierten Zusammenschlüssen sowie eine Stabilisierung von Förderetats in der Kultur umso wichtiger.
produktionsbande schließt sich deshalb den Forderungen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser sowie der Stellungnahme der INITIATIVE TANZ bezüglich des Dance On Ensembles an. Außerdem stimmen wir den Forderungen der Bundeskulturfonds zu und sprechen uns gegen deren Mittelkürzung aus.
quellen & hinweise
Zum Statement des Bündnis internationaler Produktionshäuser: hier
Zum Statement der INITIATIVE TANZ in Bezug auf das Dance On Ensemble: hier
Zum gemeinsamen Statement der Bundeskulturfonds: hier
Zur Petition "AN DER FREIEN KUNST ZU SPAREN, KOSTET ZU VIEL!": hier
über
produktionsbande ist ein dezentral organisiertes Netzwerk von und für Produzent*innen in den Freien Darstellenden Künsten.
Als vielstimmiger Zusammenschluss stärken wir gemeinsam den Wissenstransfer zwischen Akteur*innen der künstlerischen Produktion in den Freien Darstellenden Künsten. Das Netzwerk dient dem überregionalen Wissensaustausch und gibt Raum zum punktuellen Ausprobieren von Kollaborationsmodellen. Durch die dezentrale Struktur kommen Belange, Beobachtungen und Wünsche von Produzent*innen aus ganz Deutschland zusammen und können durch Kooperationen auch im internationalen Austausch abgeglichen werden. Da sich Produzent*innen an den Schnittstellen von künstlerischen Schaffensweisen, der Verknüpfung von Administration und Nachhaltigkeit, kulturpolitischen Entwicklungen und sozialpolitischen Strukturen bewegen, ist das Netzwerk immer in Bewegung.
Ziel ist es, in kulturpolitischen Belangen heterogene Perspektiven von Kulturproduzent*innen als Schnittstellen zwischen Kunstpraxis und ihren strukturellen Rahmenbedingungen einzubringen. Für die Stärkung des Wissensaustauschs, den wir zugleich als wichtigen Anlass zur gemeinsamen Vernetzung verstehen, konzipieren und realisieren wir unterschiedliche Formate.
produktionsbande - netzwerk performing arts producers wird gefördert bis einschließlich 2025 von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien über das Programm »Verbindungen fördern« des Bundesverbands Freie Darstellende Künste e. V.
kontakt
martin bien | kommunikation
martin@produktionsbande.org